Pressemitteilung FNG-Marktbericht 2022 – Österreich: Knapp jeder dritte Euro wird in Österreich nachhaltig angelegt
Wien, 9. Juni 2022 – Nach einem erneut deutlichen Wachstum der Nachhaltigen Geldanlagen um 61 Prozent wurde in Österreich zum Stichtag 31.12.2021 knapp jeder dritte Euro nachhaltig angelegt. Das Gesamtvolumen in Höhe von 63 Milliarden Euro markiert gleichzeitig einen historischen Höchstwert für das unter Berücksichtigung von umweltbezogenen, sozialen und auf eine verantwortungsvolle Unternehmensführung bezogenen Kriterien verwaltete Vermögen. Insbesondere Privatanleger:innen legten nochmals deutlich mehr Kapital in nachhaltige Anlageprodukten an: ihre Nachhaltigen Geldanlagen stiegen um 164 Prozent auf 31,70 Milliarden Euro.
Berücksichtigt man zusätzlich die Kapitalanlagen, für die Nachhaltigkeitskriterien auf Unternehmensebene verankert sind, ergibt sich zum 31.12.2021 eine Gesamtsumme von 134,14 Milliarden Euro für verantwortliche Investments in Österreich. Dies sind die zentralen Ergebnisse des Marktberichts 2022, den das FNG – Forum Nachhaltige Geldanlagen heute der Öffentlichkeit vorstellt.
Privatanleger:innen sind Wachstumstreiber bei der Nachhaltigen Geldanlage
Nach einem bereits in den Vorjahren spürbar gestiegenen Interesse haben private Anleger:innen im Jahr 2021 massiv in Nachhaltige Geldanlagen investiert. Das von ihnen gehaltene Anlagevolumen stieg um 164 Prozent von 12,00 Milliarden Euro auf den neuen Höchststand von 31,70 Milliarden Euro. In der Folge erhöhte sich der Anteil der von Privatanleger:innen gehaltenen nachhaltigen Kapitalanlage auf rund 56 Prozent. Im Gegenzug sank der Anteil der institutionellen Investoren am in Österreich unter Anwendung von umweltbezogenen, sozialen und auf eine verantwortungsvolle Unternehmensführung bezogenen Kriterien – kurz: ESG-Kriterien – verwalteten Kapital auf 44 Prozent, trotz eines nochmaligen Zuwachses von 2,07 Milliarden Euro auf insgesamt 25,39 Milliarden Euro. Damit wurde in Österreich erstmals mehr Geld von Privatanleger:innen nachhaltig angelegt als von institutionellen Investoren.
"Mit einem Marktanteil von 28,2 Prozent sind Nachhaltige Geldanlagen im Mainstream angekommen," erklärt Wolfgang Pinner, Leiter des FNG-Österreich. "Private Anlegerinnen und Anleger haben dabei eine zentrale Rolle gespielt. Triebfeder der Entwicklung war allerdings die Regulierung, welche dazu führte, dass heutzutage nachhaltige Fonds viel breiter angeboten werden."
Nachhaltige Geldanlagen wachsen um 61 Prozent
Rund 38,39 Milliarden Euro wurden per 31.12.2021 in nachhaltigen Publikumsfonds, 23,03 Milliarden Euro in nachhaltigen Spezialfonds investiert. Damit lag das Volumen bei Publikumsfonds um 81 Prozent über dem Vorjahreswert, bei Spezialfonds um 37 Prozent. Erstmals hat das FNG dabei im Rahmen des Marktberichts die Fonds als Nachhaltige Geldanlagen erfasst, die auf Basis der Vorgaben der Offenlegungsverordnung als Artikel-8- oder Artikel-9-Fonds klassifiziert sind. 84 Prozent der im Rahmen der Studie berücksichtigten Publikumsfonds waren dabei als Artikel-8-Fonds deklariert, 16 Prozent als Artikel-9-Fonds. Bei den Spezialfonds lag der Anteil der Artikel-8-Fonds bei 100 Prozent. Der Marktanteil nachhaltiger Publikums- und Spezialfonds am Gesamtfondsmarkt stieg auf 28,2 Prozent.
Berücksichtigt man neben den nachhaltigen Publikums- und Spezialfonds auch die Kundeneinlagen der im Marktbericht erfassten Spezialbank mit Nachhaltigkeitsfokus (1,58 Milliarden Euro) ergibt sich für die Nachhaltige Geldanlage in Österreich ein Gesamtvolumen von 63,00 Milliarden Euro. Dies entspricht einem Zuwachs von rund 62 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Nutzung von Ausschlusskriterien weiterhin stark verbreitet
Durch die Nutzung von Ausschlusskriterien werden Emittenten von der Kapitalanlage ausgeschlossen, die den Zielen und Werten der Anleger:innen widersprechen oder mit besonders hohen nachhaltigkeitsbedingten Risiken verbunden sind. Wie in den Vorjahren kam diese Anlagestrategie bei rund 99 Prozent aller nachhaltigen Publikums- und Spezialfonds in Österreich zur Anwendung. Besonders häufig werden dabei Unternehmen ausgeschlossen, die in kontroversen Geschäftsfeldern wie der Kohleförderung und -verstromung, der Herstellung von Waffen und Rüstungsgütern oder der Produktion von Tabakprodukten aktiv sind. Auch Unternehmen, die in Menschen- oder Arbeitsrechtsverletzungen involviert sind, werden von einem hohen Anteil der nachhaltigen Anleger:innen von der Kapitalanlage ausgeschlossen.
Auf Rang 2 der nachhaltigen Anlagestrategien kam das normbasiere Screening, bei dem Investments im Hinblick auf ihre Konformität mit bestimmten internationalen Standards und Normen, z. B. dem UN Global Compact und den ILO-Kernarbeitsnormen überprüft werden. Rang 3 erreichte der Best-in-Class-Ansatz. Die höchste Wachstumsrate erzielte die Engagement-Strategie, bei der sich das beeinflusste Vermögen gegenüber dem Vorjahr verdoppelte.
69 Prozent der Nachhaltigen Geldanlagen fließen in Unternehmenspapiere
Mehr als jeder dritte in nachhaltige Publikums- und Spezialfonds angelegte Euro (39 Prozent) war per 31.12.2021 in Aktien investiert, 30 Prozent in Unternehmensanleihen. Damit flossen insgesamt 69 Prozent aller Nachhaltigen Geldanlagen in von Unternehmen emittierte Wertpapiere. 28 Prozent der nachhaltigen Geldanlagen entfielen auf Staatsanleihen, 3 Prozent auf sonstige Nachhaltige Geldanlagen, darunter auch nachhaltige Immobilienfonds.
Verantwortliche Investments erreichen ein Volumen von 134,14 Milliarden Euro
Wie die Nachhaltigen Geldanlagen haben auch die verantwortlichen Investments per Ende 2021 einen neuen Rekordwert erreicht. Mit insgesamt rund 134,14 Milliarden Euro lag ihr Volumen um rund 18 Prozent über dem Vorjahreswert. In die Berechnung der verantwortlichen Investments fließen neben den Nachhaltigen Geldanlagen auch solche Kapitalanlagen ein, bei denen Nachhaltigkeitskriterien nicht auf Produktebene für einzelne Publikums- und Spezialfonds definiert werden, sondern auf institutioneller Ebene für alle Kapitalanlagen berücksichtigt werden. Der Anteil der Nachhaltigen Geldanlagen an den verantwortlichen Investments lag am Ende des Berichtsjahres bei rund 47 Prozent.
Regulierung und steigende Nachfrage sind Schlüsselfaktoren für weiteres Wachstum
Für das laufende Jahr erwarten alle im Rahmen des Marktberichts befragten Expert:innen ein weiteres Wachstum des nachhaltigen Kapitalmarktes. Rund jeder Dritte (30 Prozent) rechnet dabei mit einem Wachstum von bis zu 15 Prozent. 35 Prozent erwarten Wachstumsraten zwischen 15 und 30 Prozent, ebenso viele sogar von mehr als 30 Prozent.
Schlüsselfaktoren für die weitere Entwicklung des nachhaltigen Kapitalmarktes sind nach Einschätzung der Befragten Änderungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen, die Nachfrage der institutionellen Investoren sowie verstärkte Marketingaktivitäten der Anbieter und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Reputation. Insbesondere die zu den gesetzlichen Rahmenbedingungen zählende Integration der ESG-Präferenzabfrage in die Beratungsgespräche wird auch die Nachfrage der privaten Anleger:innen weiter steigern. Sie landet auf Rang 5 der Schlüsselfaktoren für die weitere Marktentwicklung.
Der FNG-Marktbericht ist mit der Unterstützung von engagierten Verbandsmitgliedern erstellt worden. Wir danken dafür unseren Sponsoren und Unterstützern: Deka Investments, Union Investment, EB-SIM, Impact Asset Management, ISS ESG, Schroders, Bank im Bistum Essen, Ralf Lemster Financial Translations, Kepler-Fonds Kapitalanlagegesellschaft, SDG Investments, vividam – powered by FiNet Asset Management AG, EBS Executive School, EthiFinance, Finance in Motion, Green Growth Futura, imug rating, LBBW Asset Management, NKI – Institut für nachhaltige Kapitalanlagen, Oikocredit und Raiffeisen Capital Management.